Der Markt wird durch Angebot und Nachfrage reguliert. Das trifft auch auf den Verkehrsmarkt zu. Wie ein erweitertes Angebot im Schienenpersonennahverkehr eine erhöhte Nachfrage schaffen kann, hat die Entwicklung der Strecke Bielefeld – Oerlinghausen – Lage(Lippe) seit Mitte der 1990er Jahre eindrucksvoll gezeigt. War in den frühen 1990er Jahren noch von einer möglichen Stilllegung der Strecke die Rede, so wurde der Streckenabschnitt inzwischen zu dem Abschnitt mit der höchsten Zugdichte in Lippe. Werktags fahren hier zwei Züge pro Stunde und Richtung und lasten die Strecke somit zu 100% aus. Die Bahn verbindet die Städte Bielefeld, Oerlinghausen, Lage (Lippe) und Detmold (Regionalbahn-Verbindung mit Anschluss in Lage) miteinander und sorgt für Fahrzeiten, die auf der Straße unerreichbar sind. Durch die Einführung des integrierten Taktfahrplans und Einrichtung der Regionalexpress-Linie Bielefeld – Lage – Detmold (-Altenbeken) stiegen die Fahrgastzahlen auf der Strecke stark an.
Das Zugangebot sorgt für häufige, regelmäßige und schnelle Verbindungen zwischen den genannten Städten. Die Schiene bringt damit als Verkehrsträger für viele Pendler deutliche Vorteile gegenüber der Straße mit ihren Staus zu den Hauptverkehrszeiten und den kostenpflichtigen Parkplätzen in den verstopften Innenstädten. Der Angebotsverbesserung für die Reisenden stand bei der Ertüchtigung der Strecke die konsequente Optimierung der Infrastruktur gegenüber. Entlang der Strecke wurden mehrere Bahnhöfe in Haltepunkte umgewandelt und nicht mehr benötigte Bahnanlagen abgebaut. Die Zahl der besetzten Stellwerke wurde auf zwei Bahnhöfe (Oerlinghausen und Bielefeld Ost) reduziert. Die Kosten für Personal und Instandhaltung konnten auf diese Weise optimiert werden und die Kostenreduzierung sicherte der Eisenbahnstrecke letztendlich ihren Bestand bis heute. Die Erfolgsgeschichte dieser Strecke kann und sollte als gelungenes Beispiel für andere Eisenbahnstrecken im ländlichen Raum dienen.
Die Verkehrsentwicklung, die die KBS 404 genommen hat, ist in der Tat bemerkenswert. Wer hätte Anfang der neunziger Jahre damit gerechnet, dass der Personenverkehr einen solchen Aufschwung nehmen würde? Allerdings ist – wie auf vielen anderen Strecken auch – dieser Aufschwung mit vielerlei Nachteilen erkauft worden. Denn machen wir uns klar, dass die Unterwegsbahnhöfe Ehlenbruch und Helpup zu Haltepunkten rückgebaut wurden, was Einschränkungen der Flexibilität gerade beim Aufholen von Verspätungen nach sich zog. Ist heute ein Zug verspätet, kann diese Verspätung Richtung Lemgo nahezu nur noch durch den Ausfall eines Zuges (wie schon oft vorgekommen) aufgeholt werden.
Erinnert sei auch an die Güterzug-Umleiteraktion 2001, als wegen eines Brückenschadens zwischen Bielefeld Hbf und Bielefeld Ost die Container-Güterzüge aus Bielefeld Ost über Lage und Herford umgeleitet werden mussten. Diese Züge hatten oft stundenlange Verspätungen, weil sie nicht „dazwischen“ genommen werden konnten.
Darüber hinaus ist der Bahnhof Oerlinghausen derartig „kastriert“ worden, dass dort nur noch Zugkreuzungen von Triebwagen möglich sind – vom Rückbau der Güteranlagen aller Bahnhöfe ganz zu schweigen.
Nun ist mir schon klar, dass von allen Beteiligten Geld verdient werden möchte, und das geht auf dieser optimierten Strecke augenscheinlich sehr gut. So gut, dass ja mittlerweile in Lemgo die Strecke bis zum Lüttfeld verlängert wurde. Fehlt für mich nur noch der größte Wunsch aller Freunde dieser Nebenstrecke: Die Wiederaufnahme des Verkehrs von Lemgo bis Barntrup – nicht zuletzt für die VBE und die Landeseisenbahn Lippe e.V. Denn der Verein hat sich ja schon 1999 für die Erhaltung eingesetzt. Und Konzepte für einen Personennahverkehr gibt es schon genug. Jetzt fehlt nur noch das Geld, diese Pläne zu verwirklichen bzw. jemand, der an den nötigen Stellen Dampf macht…
Tatsächlich erscheint insbesondere die Ausstattung des Bahnhofs Oerlinghausen und der sehr lange Streckenabschnitt von dort nach Lage die Leistungsfähigkeit der Strecke stark einzuschränken.
Es liegt die Vermutung nahe, dass zum Zeitpunkt der Planung für die Streckenertüchtigung noch nicht absehbar war, dass die RE-Linie „Leineweber“ über diese Strecke geführt werden würde und die Infrastruktur damit bereits an ihre Grenze stoßen würde. (Weiß jemand mehr?)
Man darf jedoch auch nicht außer Acht lassen, dass durch die Ertüchtigung der Strecke die Reisezeit zwischen den Stationen deutlich verkürzt wurde und zumindest die Städte Bielefeld, Oerlinghausen und Lage zweimal pro Stunde und Richtung miteinander verknüpft sind. Selbst gelegentliche Zugausfälle zum Verspätungsabbau nehme ich als Pendler für den täglichen Fahrzeitgewinn und einen „Quasi-30-Minuten-Takt“ gerne in Kauf.
Bezüglich der Reaktivierung des Streckenabschnittes bis Barntrupp hoffen wir auf die nötigen finanziellen Mittel und eine entsprechende Bestellung durch die Aufgabenträger des ÖPNV. Auch hier würde das Angebot sicher die Nachfrage mitbestimmen…